Nervenkitzel am Ötschertag 2, Bilanz: 3. Gesamtrang (MAK)

Der heutige Tag hat meine Erwartungen und Vorstellungen des Ötscher-Mountainrun vollständig übertroffen. Ich wusste zwar von den Fotos das es kein Spaziergang ist, aber so zerklüftet hatte ich den „Rauhen Kamm“ nicht erwartet. Sicherheit vor Geschwindigkeit. Zwischendurch hatte ich wirklich bedenken ob ich überhaupt bis zum Gipfel komme…

Die Zeit heute für den ca. 20km und 1200 HM umfassenden Ötschermountainrun war zwar nicht berauschend aber leider geil: 02:21:30. Und viel schneller wär nicht möglich gewesen…

So nun bin ich wieder aus meiner Regenerationspause zurück und schreibe den Beitrag auch mal fertig!

Ich hatte die ganze Nacht nicht wirklich gut geschlafen, war noch zu aufgekratzt vom Vortag und vom vielen Cola, das ich mir eingeschossen hatte. Aber auch die Nervosität vor dem 2. Tag war groß. Schließlich wusste ich außer den Eckdaten 20km, 1200HM nicht wirklich viel. Es ging über den Rauhen Kamm, das Höhenprofil kannte ich und bei der Wettkampfbesprechung wurde immer wieder daraufhingewiesen, dass man den Berg „angreifen“ muss. Was auch immer das bedeuten sollte?!

Ich taummelte also zum Frühstück halb verschlafen und etwas ängstlich angespannt, weil ich nun auch auf dem 3. Platz in meiner Altersklasse in der Gesamtwertung lag und natürlich der Ehrgeiz bei mir hochkam, schließlich hatte ich fast 30 Minuten Vorsprung. Ein sicherer Polster dachte ich mir, aber wollte auch nicht wirklich zum Ausruhen. In meinem Kopf taummelten die Gedanken. „Bergauf geh ich! Die ersten flachen Kilometer lauf ich so schnell wies halt möglich ist, aber nicht überdrehen. Bergauf. Es ist sicher steil? Hoffentlich ist es nicht gefährlich :(? So schlimm kanns nicht sein, sonst würds doch keine Lauf geben, oder? Sicherheit vor Geschwindigkeit. Bin ich schwindelfrei? Ich hab doch höhenangst. Was wenn ich ausrutsche? Stopp!! nein daran denk ich jetzt nicht. Wird schon gut gehen. Die Beine fühlen sich noch gut an, nicht frisch aber gut!“
Nach diesem Gedankenspiel beim Frühstück, taumelte ich zum Start bei der Ötscher-Arena. Heute allerdings erst um 10 Uhr. Es ist erst 9. Warten. Warten. Geduld. Noch 30 Minuten, über dem Berg ziehen ein paar Wölkchen vorbei, Es ist jetzt schon heiß. Reicht der Vorsprung?. Dann noch 15 Minuten, ich wärme mich auf, naja vielleicht ist Einlaufen das bessere Wort. Dann gibts die obligatorische Standeskontrolle, ob alle Ultraläufer auch am Start sind, werden die Namen verlesen, wie beim Bundesheer :P!

Dann Endlich fünf Minuten vor Zehn. Ich bin gespannt wie ein Gummiringerl, nervös und dann gehts los. Jetzt gibts kein zurück mehr. Die ersten sechs Kilometer gehts flach leicht kupiert bis zur Bärenlacke, ich versuche mir eine gute Position für den Aufstieg zu sichern. Das heißt ich bin etwas über Wohlfühltempo losgelaufen. Spüre aber das es mir gut geht und alles passt.

Vor dem langen Anstieg durch den Wald gibts nochmal eine Verpflegstelle, und dann gehts rauf! Und wieder Laufen für mich stellenweise unmöglich, selbst das Gehen fällt mir Abschnittsweise schwer. Wären da nicht Bäume und Äste zum festhalten käme ich kaum voran. Andere Läufer überholen mich, obwohl sie nur gehen?! Was mache ich falsch? Aber egal, ich will nur rauf. Nach gefühlten 2 h habe ich den Ausstieg aus dem Wald erreicht, das heißt gleichzeitig den Einstieg  zum Rauhen Kamm. Bis jetzt gehts mir gut, ich hab zwar das Gefühl mich hat jemand mit einem Wasserkübel übergossen, weil ich so stark schwitze, aber körperlich gehts mir gut. Mental ist schon ein bisschen der Respekt und leichte Angst spürbar. Ich blicke auf in Richtung Ötscher und denke nur „Oh mein Gott! Da muss ich rauf.“ Aber jetzt gibts auch kein zurück mehr. Vorsichtig und behutsam geht es voran, dem Wanderweg entlang. Immer mehr LäuferInnen drängen hinter mir her, also lasse ich einige vorbei, ich kann nicht so schnell, ich brauche Sicherheit. Ein wahres Abenteuer heute! Hier ein paar Impressionen vom Veranstalter und anderen LäuferInnen. Ich glaub die Bilder sprechen für sich.

Ich war zwischendurch schon sehr am zweifeln, was ich mir da eingebrockt hatte, aber zurück konnte ich nicht mehr und weil mich niemand fragte ob ich nicht lieber aufhören möchte, gings halt irgendwie unter Anspannung und Konzentration weiter. Zwischendurch waren Seile gespannt, wo man anders nur  schwer weiter kam. Zum Panik kriegen war keine Zeit, ich blendete alles andere um mich herum aus, nur der nächste Schritt war im Fokus meiner Aufmerksamkeit, alles andere war bedeutungslos. Retrospektiv betrachtet schon irgendwie ein geniales Gefühl :)! Und der Höhepunkt war sicher als ich endlich oben war, Ausstieg Rauher Kamm. Geschafft! *Wuhuu*! Ich war nie glücklicher und erleichterter gewesen als in diesem Augenblick. Kurz durchschnaufen bei der Labestation direkt neben dem Gipfelbuch. Der Rest dieses Laufes ist zwar nicht so spektakulär aber genauso anstrengend :). Vor allem deshalb weil meine Beine schon mal leichter waren. Flach gings über ein Schneefeld rüber zum Gipfelkreuz und dann relativ steil aber ungefährlich bergab in Richtung Ötscher Schutzhaus.
Beim Berablaufen, dann eine Schrecksekunde, in einem etwas flachen Teil war mir ein Stein im weg, ich stolperte und machte eine Rolle seitwärts. Ein Sturz. Glücklicherweise, war der Weg hier von Gras bedeckt. Wiese. Alles kein Problem. Alles unverletzt ein paar kleinere Schürfwunden, aber sonst nichts weiter. Also gings weiter bergab. Der Abstieg war phasenweise für mich zum Laufen zu steil und unwegsam, also stückchen um stückchen gings abwärts. Dann war das Schutzhaus schon zu sehen und von nun an gings ab auf die Ötscher Skipiste, die ich vom 1. Tag schon kannte und deshalb auch schon wusste, gleich ist alles vorbei.

Jetzt hatte ich auch wieder mehr Zeit an die Gesamtwertung zu denken, vor  allem weil ich wusste das mich der stärkste Verfolger beim Aufstieg bereits links liegen hatte lassen. Und so schenkte ich mir heute auf der Skipiste bergab nichts und ging trotz merklich Blasen an den Füßen an meine Grenzen. Schließlich wusste ich wieviel Zeit ich verloren hatte…

Und schon wars wieder vorbei, die letzten Meter auf der Wiese ins Ziel eine fantastische Kulisse der Blick in die Ötscher Arena. Lass Laufen und durch! Geschafft!

Am Ende reichte es dann für den 13. Gesamtrang von fast 70 StarterInnen an beiden Tagen und den 3. Platz in meiner Altersklasse. Die Zeit für beide Strecken ist auch nicht zu verachten: 7h44’34“ für 70km und 3000HM kann sich sehen lassen. Ich bin sehr stolz und glücklich über diese Leistung.

Gesamt hinterlässt der Ötscher einen prägenden Eindruck in meinem Kopf, nicht nur weils mein erster Ultrabergmarathon war, sondern vor allem wegen der einzigartigen Atmosphäre und der tollen Organisation. Als Läufer geht einem wirklich nichts ab. Verpflegung, Wertschätzung, Streckenmakierung, Briefing, T-Shirts. Ich kanns jedem ans Herz legen, der sich mal etwas extremer fordern möchte.